In Hamm, Stadt der Zugteilung, werden bekannterweise jeden Tag etliche Schnellzüge getrennt, die dann, wie ein zerhackter Regenwurm, ihre Reise jeweils nach Düsseldorf und Köln fortsetzen. Zurück auf dem Weg nach Berlin werden die ICEs dann wieder zusammengesetzt. In der Praxis geht dabei regelmässig etwas schief und fährt man auf dieser Ost-West-Route, muss man in Hamm daher immer Verspätungen einplanen. Eigentlich ist die Verspätung gut, denn es ermöglicht den vielen Passagieren, die oft im falschen Zugteil sitzen, noch schnell zum richtigen zu laufen. Mich überkommt dabei immer das Gefühl, mich vor allem bei internationalen Reisenden für die Zustände in Deutschland zu entschuldigen. Aber im Angesichts des Chaos interessiert sich dafür niemand. Neulich hatte ich dafür die Gelegenheit, als ein verzweifelter Passagier an der verschlossenen Tür am Zugende rüttelte, um ins andere Abteil zu gelangen, vergeblich. Andere Länder haben Narnia oder Plattform 9 3/4. Deutschland hat die Phantom-Tür zwischen den 20er und 30er Wagennummern.
Ich war mal wieder unterwegs von Köln nach Berlin. Dann: Halt in Hamm, here we go. Auch ich renne diesmal aus dem Wagon, nicht um zum anderen Zugteil zu gelangen. Sondern um zum ersten Mal dem Ereignis der Zugzusammenführung beizuwohnen, das für mich schon für so viele Verspätungen gesorgt hat. Normalerweise bleibe ich während dieser Zeremonie im Zug sitzen, jetzt wollte ich es mal selber erleben: Das majestätische Naturereignis der zwei aufeinander rollenden Züge, am Ende vereint zu einer langen Zugwurst. Stünde Michelangelo neben mir und hätte „die Erschaffung Adams“ noch nicht gemalt, er wäre jetzt davon inspiriert worden. Meinen jahrelangen Trennungsschmerz über die Zugteilung in Hamm habe ich so in Videokunst verwurstet: